Kamera 3: näher ran!

Da stand ich also. Das erste mal sollte ich eine Kamera für einen Livestream bedienen. Die Kamera bedienen war kein Problem, obwohl sie ein aufwändigeres Gerät war. Aber ich hatte schon öfter mit ähnlichen Kameras gefilmt. Aber bisher waren es nur Aufzeichnungen. Wenn etwas nicht gepasst hat, konnte man einfach noch mal einen weiteren Versuch starten.

Dieser Jugendgottesdienst war anders. Live. Das was in der Kirche passierte, konnten die Zuschauer weltweit im Internet mit wenigen Sekunden Verzögerung auf ihren Bildschirmen sehen. Ein Fehler konnte nicht mehr korrigiert werden.

Der Regisseur hatte an einem Videomischpult die Bilder von 6 Kameras und zusätzlich Texte und Folien in einer Präsentation zur Auswahl. Er musste in jedem Moment entscheiden, welche Kamera ihr Bild ins Internet streamte. Den Kameraleuten konnte er über Funk Anweisungen direkt in ihre Kopfhörer geben.

Die Übertragung begann. Und schon nach kurzer Zeit leuchtete die Lampe meiner Kamera das erste mal rot. Ich wusste: jetzt sehen alle Zuschauer das, was ich filme. Ich hatte gerade die Band gefilmt und wollte jetzt das Singteam auch mit einfangen. Also betätigte ich den Zoom und stellte ein größeres Bild ein. Da hörte ich schon im Kopfhörer: „Kamera 3: näher ran! Nur auf die Band!“

Aber warum? Das Singteam soll man doch auch sehen. Das ist doch nicht fair, wenn man nicht alle sieht. Und in diesem Moment ging die rote Lampe an der Kamera aus…

Ich richtete sie wieder nur auf die Band. Kurz darauf wurde wieder mein Bild übertragen. Ich filmte die einzelnen Musiker nacheinander. Und ich hörte keine störende Anweisung im Kopfhörer. Anscheinend machte ich die Sache richtig.

Während der Predigt filmte ich immer schön direkt auf den Prediger. Und wieder rauschte es im Kopfhörer: „Kamera 3: weiter nach rechts!“

Wieso denn das? Da ist doch die Hälfte vom Bild sinnlos! Und wieder ging das rote Licht aus. Auch die anderen Kameraleute wurden ständig über Funk kritisiert. Dem Regisseur konnte man es wohl nicht recht machen. Dem würde ich nachher mal meine Meinung sagen…

Das tat ich dann auch. Nachdem die Übertragung beendet war, ging ich direkt zu ihm. „Warum willst du nicht, dass man das Singteam auch sieht? Wieso soll ich den Prediger an den Rand stellen?“ blaffte ich ihn an.

Er antwortete erstaunlich ruhig, wenn man bedenkt, wie unfreundlich ich ihn angesprochen hatte: „Kamera 5 hatte das Singteam ständig im Bild. Von Dir brauchte ich nur die Band. Und als du den Prediger an den Rand stellen solltest, habe ich auf der anderen Seite den Predigttext eingeblendet.
Ich habe von meinem Platz aus den Überblick über alles, was hier passiert. Du siehst nur den kleinen Ausschnitt den deine Kamera erfasst. Mir geht es nicht darum, dich in deinen Freiheiten einzuschränken oder dir Anweisungen zu geben. Ich will, dass es einen guten Livestream gibt. Und ich denke, das willst du auch, oder?“

Ich nickte stumm. Ja, genau das wollte ich.

Später wurde mir klar, dass ich mich in meiner Beziehung mit Gott manchmal genau so verhalte. Ich glaube, besser zu wissen was richtig ist, als Gott. Ich mache das, was ich für richtig halte und nicht das was Gott will. Obwohl sein Überblick sich weiter erstreckt als über ein paar Kameras und Präsentationen.

Allerdings genügt es nicht, seine Botschaft nur anzuhören; ihr müsst auch danach handeln. Alles andere ist Selbstbetrug!
Jakobus 1:22

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2 Gedanken zu „Kamera 3: näher ran!#8220;

  1. eine sehr schöne Andacht. Das wäre auch was für den Gottesdienst am 2. August. Hättest du nicht Lust, ein paar Worte in der Predigt über das Thema zu sagen.
    Thema der Predigt: Dankbarkeit / Vertrauen in die Führung Gottes. Das wäre also perfekt!

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