Der Begriff Leiterwillkürkonstante ist nicht wirklich verbreitet. Das was dahinter steckt, wird aber häufig – mehr oder weniger bewusst – in der Gruppenstunde angewendet. Die Leiterwillkürkonstante ist es aber wert, sich intensiver mit ihr auseinanderzusetzen.
Grundsätzlich ist sie ein mächtiges Werkzeug, mit dem man vorsichtig umgehen muss.
Der Begriff
Wie schon erwähnt ist der Begriff nicht allzu verbreitet. Im Internet gibt es momentan nur eine einzige Quelle dazu. Das Spielewiki des CVJM München. (Im Übrigen lohnt es sich, da mal vorbeizuschauen)
Dort wird die Leiterwillkürkonstante als „Eigenschaft eines guten Jungscharspiels, die es dem Leiter auf völlig transparente Weise erlaubt die meisten seiner Teilnehmer gleichzeitig zu benachteiligen.“ definiert.
Thomas ist für diese Seite verantwortlich und hat mir folgendes dazu geschrieben: „Interessant dass der Begriff nirgendwo anders auftaucht – dann ist das wohl eine Wortschöpfung im CVJM München. Ich habe ihn vor 20 Jahren dort kennengelernt.„
Die Leiterwillkürkonstante (ich kürze ab jetzt mit LWK ab) bringt also durch eine gewisse Ungleichbehandlung mehr Gerechtigkeit ins Spiel.
Genau genommen ist sie also keine Konstante, sondern eine Variable. Allerdings kann man die Konstante darauf beziehen, dass schon Generationen von Mitarbeitenden sie konstant einsetzen. Also lassen wir das Wort Leiterwillkürkonstante als Konstante stehen.
Die Konstante
Sobald man eine Gruppe bei Spielen betreut, stolpert man über ein Problem: unterschiedlich starke Teilis oder Teams. Und wenn man bei Teams noch die Möglichkeit hat, durch eine faire Einteilung die Stärke ähnlich zu halten, ist das bei einzelnen Personen nicht möglich.
Beim RibblDibbl sammelt ein Teili, der seit einigen Jahren regelmäßig seinen Text aufsagt, eben weniger Dibbl, als einer, der zum ersten mal mitspielt.
Du denkst jetzt: „Dann bin ich eben beim erfahrenen Teili strenger als beim Neuling.“ Und genau damit wendest du die LWK schon in der Praxis an.
Die Anwendung
Manche Teilis machen sich einen Spaß daraus, immer die Schwachen auszuwählen, weil es lustig ist, wenn diese immer mehr Dibbl bekommen. Dann könnt ihr auf verschiedene Arten gegensteuern.
Ganz offensichtlich ist natürlich, dass ihr als Mitarbeitende die Entscheidungen trefft, was ein Fehler ist. Bei einem Neuling drückt ihr ein Auge zu, bei einem Erfahrenen seid ihr knallhart.
Eine weitere Möglichkeit: Motiviert die Teilis dazu, eher die Erfahrenen, die noch keinen Dibbl haben aufzurufen. „Es soll doch niemand sauber bleiben“ Und bis zu einem bestimmten Punkt macht das den Erfahrenen auch Spaß, wenn der Schwierigkeitsgrad steigt.
Verwendet die LWK möglichst unauffällig. Scheut euch aber nicht, es ehrlich zuzugeben und zu erklären, wenn ihr dabei „erwischt“ werdet.
Die Dosis
Allerdings kommt es wie so häufig auf die Dosis an. Wie viel LWK ist gut, und ab wann wird sie schädlich?
Bleiben wir beim RibblDibbl: Ziel beim Einsatz der LWK ist, dass der Neuling nicht komplett schwarz wird und der Erfahrene sich anstrengen muss, um sauber zu bleiben.
Wenn der Neuling aufgrund der LWK gewinnt und der Erfahrene komplett schwarz ist, habt ihr es übertrieben. Davor gibt es eine ordentliche Grauzone (bei RibblDibbl wortwörtlich). Beobachtet eure Teilis. Haben sie (noch) Freude am Spiel? Oft kann man es nicht allen recht machen. Und die Teilis die immer weinen müssen, wenn sie nicht gewinnen, gab es schon, als ich in den 1980ern selbst Teilnehmer war. Und die wird es vermutlich immer geben.
Die Praxis
Ich zähle noch ein paar Beispiele aus der Praxis auf, wie ihr die Leiterwillkürkonstante einsetzen könnt:
Wenn ich ein Geländespiel vorbereite, setze ich gerne „böse Mitarbeitende“ ein, die Teilis daran hindern, das Ziel des Spiels zu erreichen. Bei Schmuggelspielen wird zum Beispiel die Ware abgenommen. Diese Mitarbeitenden bekommen die Anweisung, kleinere Teilis nicht wirklich zu fangen. Ein kurzer Angriff auf die Schwächeren ist lustig, aber die Schmuggelware wird nur bei größeren abgenommen.
Bei Kreisspielen wie RibblDibbl oder Chef-Vize könnt ihr die Gruppe gegen die Stärkeren anstacheln. „DER kann doch nicht unser Chef sein“. Wenn ihr selber Chef seid, macht eventuell absichtlich einen Fehler.
Bei Sportspielen kann ein Schiedsrichter ebenfalls die LWK nutzen. Wobei man ganz vorsichtig sein muss. Hier sollte sie nur ganz dezent verwendet werden. Ein Schiri sollte nicht offensichtlich „unfair“ sein. Wenn ihr die Teilis einschätzen könnt, sind gleich starke Teams die bessere Wahl.
Bei manchen Spielen kann man die LWK nicht anwenden. Ein Quiz hat genaue Regeln. Ein Team oder Eine Person muss eine Frage richtig beantworten. Da kann man schlecht sagen: „die Antwort ist falsch, ihr bekommt aber trotzdem einen Punkt, weil ihr weit hinten liegt.“
Fazit
Mit der Leiterwillkürkonstante habt ihr ein starkes Werkzeug für ausgleichende Gerechtigkeit in den Händen. Geht verantwortungsvoll damit um.
Die Leiterwillkürkonstante in (Bei)Spielen
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